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Felix qui potuit rerum cognoscere causas
(Vergilius, Georgics, ii. 490)
 
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Zeitschrift Menschenrechte, Nr. 2, July 2006

Recht auf Leben bedeutet auch Schutz des ungeborenen Lebens

Gibt es ein Recht auf Abtreibung oder gar ein Menschenrecht auf Abtreibung? Bisher hat sich Amnesty International nicht festgelegt, aber neulich haben die AI Zentren in Neuseeland, Kanada und England dieses "Recht" postuliert. Die Diskussion geht dahin, daß der internationale Rat der AI anlässlich seines 2007 Kongresses diese neue Richtung wohl gutheißen könnte.

Die Präambel der Konvention über das Recht des Kindes besagt unzweideutig: "Das Kind bedarf eines angemessenen rechtlichen Schutzes vor und nach der Geburt." Also doch vor der Geburt. Gemäß herkömmlichen Regeln der Auslegung von Verträgen, bedeutet dies, daß auch der Fötus des Schutzes bedarf. 192 Staaten haben diese Konvention ratifiziert.

Artikel 6 des UNO Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) bestimmt "Jeder Mensch hat das Recht auf Leben... Niemand darf willkürlich seines Lebens beraubt werden." Ähnlich besagt, im regionalen Bereich, Artikel 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK): "Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt." Allerdings wird dabei der Begriff "Mensch" nicht definiert.

Deutlicher bestimmt Artikel 4 der Amerikanischen Konvention über Menschenrechte vom 22. November 1969: "Jeder hat das Recht auf Achtung seines Lebens. Dieses Recht ist gesetzlich zu schützen und gilt im allgemeinen ab dem Zeitraum der Empfängnis. Niemandem darf das Leben willkürlich genommen werden."Das Recht auf Leben ist aber nicht erst mit seiner Kodifizierung entstanden. Dabei geht es um Naturrecht. Wenn Artikel 6 des IPBPR oder Art. 2 der EMRK nicht spezifizieren, wann das Menschenleben beginnt, so müssen diese Artikel im Sinne des Lebens und nicht des Todes ausgelegt werden. Dennoch gibt es Gerichte, die das Recht auf eben des ungeborenen Kindes mißachten wollen.

Es gibt jedenfalls keine Norm der Menschenrechte, die ein sog. Recht auf Abtreibung bestimmt. Dies wäre eine contradictio in adjecto, denn es gibt kein Recht, einen Fötus zu töten, dagegen gibt es ein Gebot, das Menschenleben zu schützen. Freilich können Ausnahmen von Fall zu Fall bestimmt werden, so z.B., wenn aus medizinischen Gründen, eine Schwangerschaft abgebrochen werden muß, um so das Leben der Mutter zu retten. Bei den Menschenrechten, wie im Leben muß man schwierige Entscheidungen treffen, und manchmal gibt es Werte, die ollidieren. Die Wahl ist nicht immer einfach.

Als Katholik halte ich die Diskussionen bei Amnesty International für einen Angriff auf das Wesen der Menschenrechte. Entweder ist das Leben heilig oder es ist es nicht. Man kann nicht für das Leben eines Mörders plädieren, und sich gegen die Todesstrafe einsetzen, um dann gleichzeitig den Massenmord an den menschlichen Föten gutheißen. Grotesker noch - denn es ist die Rede von einem sog. "Menschenrecht auf Abtreibung", eine temberaubende intellektuelle Unredlichkeit, Hohn und Unbarmherzigkeit dem Leben gegenüber.

Die Haltung der katholischen Kirche ist unzweideutig. Die geliebten Päpste Johannes Paul II und Benedikt XVI haben beide die Abtreibung abgelehnt. Es gibt ja andere Alternativen bei der Familienplanung. Und die Welt hat Reichtum genug, um Solidarität mit den Armen zu beweisen, wenn wir nicht unsere Reichtümer in Kriegen verschwenden würden. Sollte AI tatsächlich die Abtreibung als Menschenrecht postulieren, so werden viele der 1,2 Millionen AI-Mitglieder die Organisation verlassen, und viele, die bisher die Organisation achteten, werden auf Distanz gehen müssen. Man bedenke schließlich, daß Amnesty International von einem Katholiken, Peter Benenson, gegründet urde.

Amnesty International hat in der Vergangenheit bedeutende Arbeit geleistet, und öfter den Mut gezeigt, die Verbrechen der Großmächte zu verurteilen - etwa in Tschetschenien, in Abu Ghraib, in Guantanamo. Es gibt ja viele Opfer von Menschenrechtsverletzungen, die unsere Hilfe benötigen. Der neue Menschenrechtsrat der Vereinten ationen, der im Juni und Juli 2006 in Genf tagte, hat uns an die menschliche Katastrophe in Palästina erinnert. Amnesty International sollte sich lieber für die Rechte dieser Opfer einsetzen.

Wenn nun aber AI eine neue Politik einschlagen will, und die Abtreibung als Menschenrecht betreibt, so korrumpiert sie den Begriff Menschenrechte und macht ihre übrige Arbeit unglaubwürdig.

Prof. Dr. iur. et phil. Alfred de Zayas, Geneva School of Diplomacy, ehemaliger Sekretär des UNO-Menschenrechtsausschusses, ehemaliger Chef der Beschwerdeabteilung beim UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, Präsident des PEN Clubs in der französisch-sprechenden Schweiz

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